Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF)
Fabula docet - Wer will schon saure Trauben?
Wer kennt nicht die ‚sauren Trauben‘? Nicht nur die Fabel vom Fuchs, der die Trauben nicht erreicht und sie dann als sauer und somit unattraktiv bezeichnet, ist wohl bekannt; Fabeln sind überhaupt weit verbreitet. Doch wo stammen sie her? Welche Funktion hatten sie in der Antike? Wie verwenden wir sie heute? Lassen sie sich auf heute übertragen?
Das Projekt führte Schüler/innen der Fächer Latein und Altgriechisch an literatur- und kulturwissenschaftliches Arbeiten heran. Fabeln eignen sich, da die Texte kurz und sprachlich relativ leicht sind; ferner fordern sie durch ihre Bildhaftigkeit zur Interpretation auf. Zugleich kann man an ihnen besonders gut die produktions- wie rezeptionsgebundene Kontextualisierung erkennen. Denn Fabeln waren in der Antike zunächst rhetorische Argumentationsmittel, die als Bilder einen Sachverhalt verdeutlichen sollten.
Aus wissenschaftlicher Sicht war das Projekt höchst spannend. Die antiken Fabeln, insbesondere Phaedrus und Avian, wurden in der wissenschaftlichen Forschung lange stiefmütterlich behandelt. Erst in der neueren Forschung werden die Texte als ausgefeilte Kunst wahrgenommen, die sich in den literarischen Diskurs ihrer Zeit einreiht. Im Projekt sollten größere Partien von Phaedrus und Avian kommentiert und eine digitale Ausgabe mit textkritischem Apparat erstellt werden.
Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage basierte die Zusammenarbeit mit den Schulen. Die Jugendlichen konnten somit aktuelle literaturwissenschaftliche Forschung nicht nur hautnah miterleben, sondern wurden durch die gemeinsame Erstellung einer digitalen Schulausgabe auf einem Webportal (GRaF) unmittelbar miteinbezogen. Das Herzstück des Projekts umfasste eine Fabelauswahl (Phaedrus, Avian, Babrios, Aesop) samt textkritischem Apparat, die unter Einbeziehung der Interessen der Lernenden gestaltet wurde mit Vokabelangaben, Übersetzung, Sacherklärungen und Paralleltexten; hinzu kamen Materialien zur Unterrichtsgestaltung. Ferner diente die Einbeziehung der Schüler/innen empirischen Untersuchungen im Rahmen der Fachdidaktik. Da eine Schule aus Brandenburg beteiligt war, konnte ein Vergleich Einblicke in unterschiedliche Bildungssysteme und nicht zuletzt auch gesellschaftliche Strukturen geben.
Besonderen Reiz erhielt das Projekt dadurch, dass der historischen Kommunikation in kreativer Form Platz gegeben wurde. Die Jugendlichen erhielten Gelegenheit, die neu erschlossenen Texte auf die Übertragbarkeit ihrer Aussagen zu prüfen und diese kreativ umzusetzen. Präsentiert wurde dies auf einem Schüler/innenkongress, in dem die Schüler/innen mit dieser wissenschaftlichen Kommunikationsform vertraut gemacht wurden.
Dieses Projekt ist bereits abgeschlossen.